Textfelder zu Freud und Lacan
Freud und Lacan unterscheiden drei Neurosenformen: Zwangsneurose, Hysterie und Phobie. Das Unterscheidungskriterium bei Lacan ist die Subjektposition, jene Position, die das Subjekt gegenüber dem Begehren des Anderen einnimmt. Das zwangsneurotische Subjekt unterdrückt sein eigenes Begehren und blockt sich gegen das Begehren des Anderen ab, indem es zwanghaft versucht, die Illusion einer narzisstischen Vollkommenheit aufrechtzuerhalten und der „Herr im eigenen Haus zu sein“. – Das hysterische Subjekt versucht im Gegenteil, sein eigenes Begehren um jeden Preis aufrechtzuerhalten und öffnet sich dem Begehren des Anderen. Zu diesem Zweck bietet es sich dem Anderen als Objekt des Begehrens an, oder es spürt das Begehren bei anderen auf und hängt sich – quasi als Trittbrettfahrer – an deren Begehren durch hysterische Identifikation an. – Das phobische Subjekt kann sein Begehren nicht ausreichend entwickeln, weil es in der psychischen Abhängigkeit von der Mutter (Mutter-Kind-Dyade) steckenbleibt. Grund dafür ist eine zu schwache Vaterfigur, welche die familiäre Triangulierung, Vater-Mutter-Kind, nicht schafft und das Kind bei seinen autoerotischen und inzestuösen Liebesspielen mit der Mutter belässt. Durch ein zu zaghaftes Nein zu diesen Spielen kommt es beim Subjekt zu keiner entschiedenen Verdrängung derselben, stattdessen zu einer diffusen Angstentwicklung davor. Im Sinne eines Abwehrmechanismus wird die Angst z.B. auf ein Tier verschoben (Freuds Fallbeispiel „Der kleine Hans“), demgegenüber das Subjekt eine ambivalente Haltung einnimmt. Als Reaktionsbildung auf den „schwachen Vater“ wird das Tier als überdimensionierter Vaterersatz erlebt und wegen seiner Macht gleichzeitig bewundert und gefürchtet. Diese Subjektposition stellt eine neuerliche psychische Abhängigkeit dar und verhindert die volle Entwicklung des Begehrens. In seiner kulturtheoretischen Schrift Totem und Tabu (1912/13) erkennt Freud bei der Einstellung der Clan-Mitglieder zu ihrem Totemtier eine vergleichbare Subjektposition. Das Subjekt sieht im Totem einen übermächtigen Vaterersatz und steht in einer ambivalenten Gefühlsbeziehung der „Ehr-Furcht“ zu ihm: Es verehrt das Totemtier und fürchtet sich gleichzeitig vor seiner Macht. Diese Form der Abhängigkeit des Subjekts vom Anderen verhindert auch in diesem Fall die Entfaltung des Begehrens.
Bedeutung von Brust-Kot-Blick-Stimme bei Freud und Lacan. Partialobjekte bestimmen Charakter, Fantasie und Begehren des Subjekts: Phänomenologie des Alltags
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